Vom visuellen Standpunkt aus betrachtet, konnte mich 300 auf jeden Fall beeindrucken und ich war froh mir das ganze auf epischer Größe auf der Riesenleinwand spendiert zu haben. Aber wie das mit Sehgewohnheiten so ist. Sie nutzen sich rasant ab. Und ein gut aussehender Film wird dadurch noch lange kein besserer. Spätestens nach der ersten Kampfszene, die noch durch ihren dynamischen, ballettartigen Stop and Go Stil zu überzeugen weiß, erwartet uns danach das spannungsarme und undramatische Immergleiche. Eine einzige Wiederholung. Ein aufgeblähter Trailer in 2 Std. Länge.
Es ist keine Story vorhanden. Die Charakter haben keine Tiefe, sind schablonenhaft und so verwundert es mich nicht, dass der Film von so verschiedenen Seiten vereinnahmt und die Hohlheit mit der jeweils eigenen Ideologie gefüllt wird. Da sehen die einen die Spartaner als Verteidiger des Westens gegen eine anonyme Masse von degenerierten, wie willenlos anstürmenden Asiaten aus dem bösen Osten, die aufgehalten werden müssen, um die „Freiheit“ zu verteidigen. Die Iraner schmollen, weil ihr
kulturelles Erbe beschmutzt wird und König Xerxes aussieht wie ein 2-Meter großer NBA Transvestit, der gerne spartanische Ehrenmänner von hinten anfasst und sich einen Harem von entstellten dickbusigen Freaks hält. Andere wiederum drehen den Spieß einfach um und machen aus den Spartanern fanatische Kamikaze-Terroristen und Selbstmordattentäter, die sich gegen das Heer der übermächtigen imperialistischen Unterdrücker zur Wehr setzen Der deutsche Feuilleton spricht von einem faschistoiden Machwerk in Leni Riefenstahl Optik. Der Rest spottet über die Miesmacher, die einfach nicht in der Lage sind tolles Popcorn Kino zu genießen.
Nur so ist es wahrscheinlich zu verstehen, dass der Film auf der Berlinale von den Kritikern ausgebuht und vom zahlenden Publikum mit Szenenapplaus und stehenden Ovationen gefeiert wurde.
Okay, es handelt sich um eine Comicverfilmung und um keine präzise geschichtliche Abhandlung. Trotzdem hätte man die Sensibilität besitzen und sich fragen müssen, was passiert, wenn man Frank Millers Comic, das als eigenständige Kunstform nach eigenen Gesetzen funktioniert, zum laufen bringt. Ich verstehe nicht, wie viel Energie
dafür verschwendet wird eine 1:1 Kopie von der Vorlage zu machen ohne sich vorher zu fragen, wie der Stoff umgesetzt ins Medium Film funktionieren könnte.
Zack Snyder ist sehr verwundert über die Diskussion, die 300 losgetreten hat. Mit einer fast kindlichen Naivität erklärt er, dass er gar nicht verstehen könne, dass der Film politisch gelesen wird. Entweder sind die Marketingstrategen bei Warner Brothers totale Genies, die durch virales Marketing und die „Brisanz“ des Films jetzt Millionen einfahren; oder einfach nur tumbe Holzköppe. Auch wenn der Comic von Frank Miller noch vor dem zweiten Golfkrieg entstand, muss man sich darüber bewusst sein, dass ein Film der 2007 erscheint anders aufgenommen wird als das Comic im Jahre 1998.
Was bleibt. Meine zwiespältigen Erwartungen werden durch einen sehr zwiespältigen Eindruck bestätigt. Man staunt über die Bilder, man fühlt sich als Freund von Hack`n Slay auf niedrigem Niveau trotzdem ganz ordentlich unterhalten, der kleine Junge in mir will sich ein Helm aufsetzen und mit einem Schild in der Hand gegen meinen WG Bewohner vorgehen. Der Kerl in mir will auch so`Sixpacks und ein bisschen Krieg. Der Filmkenner bemängelt die Substanzlosigkeit in Bezug auf die lahme, so undramatische Story und die holzschnittartigen Charaktere mit ihren saublöden Dialogen. Die Voice Over Stimmer nervt penetrant. Der politisch Korrekte ist empört über soviel Ehre, Stolz und Nationalismus bis zur Todessehnsucht. Über die makellosen Körper auf der einen und den monsterhaften auf der anderen Seite. Die einen sollen Ehrenmänner, die anderen Lüstlinge, Verräter und gesichtslose Feiglinge sein... usw.
300 – dieses Wirr Warr. Irgendwie faszinierend. Der Intellekt ruft ein angeekeltes „Nein“ – der Bauch schreit ein wildes „Ho, ho, ho, “ und will mehr Popcorn.
Wie gesagt: der beste-dümmste, vielleicht sogar gefährlichste Film, den ich seit langen gesehen habe. Ein schlechter Film, dem man sich nur schlecht entziehen kann.